Mehrarbeit und Überstunden
Recht auf Vergütung oder Freizeitausgleich
Mehrarbeit – auch Überstunden genannt – leisten Arbeitnehmer dann, wenn sie die vereinbarte Arbeitszeit überschreiten. Die maßgebliche Regelarbeitszeit kann sich direkt aus dem Arbeitsvertrag ergeben, aber auch mittelbar aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Gesetz.
Eine Pflicht zur Leistung von Mehrarbeit bzw. Überstunden kann sich aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag ergeben. Sind dort entsprechende Regelungen nicht vorhanden, kann er Arbeitnehmer nur ausnahmsweise in besonderen Situationen, insbesondere in Notfällen, verpflichtet sein, Überstunden zu leisten. Die Pflicht, in Notsituationen Überstunden abzuleisten, ergibt sich aus der arbeitsvertraglichen Nebenpflicht (siehe hierzu §§ 241 Abs. 2, 242 BGB).
Ist das Verlangen des Arbeitgebers nach Mehrarbeit berechtigt und lehnt der Arbeitnehmer die Mehrarbeit mehrfach ab, kann er wegen Arbeitsverweigerung gekündigt werden.
Überstunden sind zu vergüten, wenn sie im betrieblichen Interesse erfolgten und angeordnet oder zumindest betriebsnotwendig waren. Niemand ist verpflichtet, über die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit hinaus ohne Zusatzvergütung Überstunden zu leisten (BAG v. 05.09.1995, NZA 1996, 266; BAG v. 15.06.1961, AP Nr. 7 zu § 253 ZPO; BAG v. 25.11.1993, NZA 1994, 837).
Vergütung oder Freizeitausgleich kann nur verlangt werden, wenn der Arbeitgeber die Überstunden angeordnet, gebilligt oder geduldet hat oder sie zur Aufgabenerledigung erforderlich waren. Bestreitet der Arbeitgeber die Überstunden, muss der Arbeitnehmer, der die Vergütung von Überstunden fordert, im Einzelnen darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat.
Er muss ferner eindeutig vortragen, ob die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet oder zur Erledigung der ihm obliegenden Arbeit notwendig oder vom Arbeitgeber gebilligt oder geduldet worden sind.
Ein Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers aus § 612 Abs. 1 BGB kann nach der neuen Rechtsprechung des BAG vom 16.05.2012 (5 AZR 347/11) ausgeschlossen sein, wenn die Bruttojahresvergütung des Arbeitnehmers über der vom BAG festgesetzten Grenze von 67.200,00 EUR in Westdeutschland bzw. 57.600,00 EUR in Ostdeutschland liegt; die jeweilige Grenze entspricht der Renten-Beitragsbemessungsgrenze.
Wie in sonstigen Leistungsklagen ist auch bei Mehrarbeitsprozessen zu prüfen, ob ein materiell-rechtlicher Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers ggf. wegen einer tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel verfallen sein kann. Allerdings bedeuten Ausschlussfristen einen massiven Eingriff in erworbene Rechte. Sie werden daher nur als angemessen anerkannt, wenn sie mit mindestens drei Monaten bemessen werden (BAG 28.9.2005 = NZA 2006, 149ff. = AP BGB § 307 Nr. 7; 31.8.2005 = NZA 2006, 324 = AP ArbZG § 6 Nr. 8; 28.11.2007 = NZA 2008, 293ff. = EzA–SD 2008 Nr, 3, 12).
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